Zusammenfassungen der Präsentationen zur Statuskonferenz (05.12.2002)
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Integrierte hydrologisch-ökonomische Bewertung der Szenarien
Frank Messner
Die verschiedenen Szenarien zur Behebung des Problems des rückläufigen Wasserdargebots als Folge des Klimawandels und des rückläufigen Braunkohlebergbaus im Spreeeinzugsgebiet (vgl. Vortrag von Michael Kaltofen von der BTU Cottbus) werden auf Basis integrierter hydrologischer, wasserwirtschaftlicher und ökonomischer Analysen bewertet. Die Bewertungsphilosophie des Integriert Methodischen Ansatzes (IMA) zeichnet sich dabei dadurch aus, dass die Bewertungsgrundlagen praxisnah und in Stakeholder-Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern und Wassernutzern erhoben werden. Weiterhin werden die Szenarieneffekte auf Basis von Nutzen-Kosten- und Multikriterienanalysen bewertet und zwar jeweils unter verschiedenen Annahmen zu den Rahmenbedingungen des Globalen Wandels. Wesentlich bei der Bewertung ist die interdisziplinäre Einbindung in die hydrologisch-wasserwirtschaftliche Modellierung. Dabei wird der Wasserbedarf der wesentlichen Wassernutzer ökonomisch modelliert als Input für das wasserwirtschaftliche Modell ArcGRM. Diesbezüglich wurde im Teilprojekt Spree-Havel hauptsächlich der Bedarf der Energiewirtschaft mittels der deutschen IKARUS-Kraftwerk-Datenbank modelliert. Der Output der wasserwirtschaftlichen Modellierung - die Sicherheiten der Wasserbereitstellungen - werden letztlich ökonomisch bewertet. Um den Bezug zwischen Wasserbereitstellung und ökonomischer Wirkung erfassen zu können sind für viele Wassernutzungen Transformationsfunktionen formuliert und in das ArcGRM eingebaut worden, wie beispielsweise die Umrechnung von Daten zur Wasserbereitstellung in Daten zu Veränderungen der Teichflächen in der Binnenfischerei (Folien 1-4).
Bei der Bewertung der Szenarioeffekte werden drei Effektkategorien unterschieden: 1. Effekte, die sich wegen einer veränderten Oberflächenwasserentnahme einstellen (wie z.B. in den Wirtschaftsbereichen der Binnenfischerei, der Wasserwerke, des Gemüsebaus, der Industrie und des Sanierungsbergbaus); 2. Effekte, die sich durch veränderte Grundwasserstände ergeben (wie z.B. in der Landwirtschaft und in Feuchtgebieten); sowie 3. Effekte, die sich aus einer veränderten Bergbaurestseeflutungsdauer einstellen. Bewertet man z.B. Szenarien, die auf eine schnelle Flutung der Restseen abzielen, so ergeben sich im Vergleich zur derzeitigen Referenzpolitikstrategie Kosten insbesondere durch Kostenerhöhungen und Nutzeneinbußen bei wirtschaftlichen Wassernutzern und Konsumenten, während sich Nutzen durch die zusätzlichen touristischen Gewinne und Konsumentenvorteile einer schnelleren Aufnahme der touristischen Restsee-Nachnutzung einstellen. Die Nutzen und Kosten der einzelnen Effekte werden in sogenannten Modulen zusammengefasst und aggregiert, so dass letztlich die Differenz oder der Quotient aus Nutzen und Kosten das ökonomische Bewertungskriterium darstellt (Folien 5+6).
Hinsichtlich der vorliegenden Einzelergebnisse der Bewertung der Szenarien in Bezug auf die einzelnen Module der Nutzen-Kosten-Analyse ist zu betonen, dass
die Binnenfischerei durch einen Klimawandel um etwa 2-3 Sektorjahresgewinne geschädigt werden könnte, während eine zusätzliche bevorzugte Restseeflutung eine Gewinneinbuße um weitere 2-3 Sektorjahresgewinne nach sich ziehen könnte.
die jährlichen Kosten der Wasserbereitstellung für die Restseeflutung in einer Dimension liegen, die weit über den Jahresgewinnen der Binnenfischerei liegen, wobei durch eine schnellere Flutung ein Kostensenkungspotenzial von bis zu 15% besteht.
durch eine schnellere Flutung der Restseen ein Gewinnvorteil in der Nachnutzung von plus 5% entstehen kann, wobei zu betonen ist, dass die Gewinnposition der touristischen Nachnutzung in hohem Maße von den sozioökonomischen Veränderungen in der Lausitzregion abhängen werden.
agrarische Milchbetriebe durch einen geringeren Anteil vernässtes Niedermoorland, der bei einer Klimaerwärmung zu erwarten ist, geringere Kosten und damit höhere Gewinnpositionen werden realisieren können.
das Niveau des Spreewaldtourismus mit jährlichen Gewinnen zwischen 8-10 Mio. Euro höher liegt als das zu erwartende Niveau der touristischen Nutzung der Lausitzregion. Dadurch wird impliziert, dass sich klimabedingte ökologische Schäden im Spreewald durchaus deutlich ökonomisch niederschlagen können. (Folien 7-14).
Bei der Aggregation der bisherigen Bewertungsergebnisse zeigt sich das Szenario mit einer schnelleren Flutungspriorität (Szenario B2-Flutung) in der Nutzen-Kosten-Differenz im Vergleich zum Referenzszenario ausgeglichen, während das Szenario mit einer reduzierten Stützung der ökologischen Mindestabflüsse einiger Fließe (B2-reduzierte Fließe) deutlich positiver dasteht. Angesichts der noch ausstehenden Bewertungen zu den Modulen des Spreewaldtourismus, der Konditionierung der Restseen, der Landwirtschaft u.a. sind diese Zwischenergebnisse allerdings mit Bedacht zu genießen. Es können sich am Ende unter Einbeziehung aller Module jeweils völlig andere Gesamtkonstellationen einstellen (Folie 15).
In der noch ausstehenden Projektlaufzeit sind diverse Bewertungsarbeiten zu einzelnen Modulen abzuschließen und zu präzisieren. Die ökonomischen Ergebnisse werden letztlich eingehen in eine Multikriterienanalyse, in der auch noch weitere Kriterien wie z.B: Beschäftigung, Lebensdauer der Moore und Abnahme von Rote-Arten-Liste Berücksichtigung finden werden. Die Endbewertung wird unter Einbeziehung von Stakeholdern durchgeführt werden (Folie 16).
Trotz der noch nicht abgeschlossenen Bewertungsarbeiten ist zu betonen, dass schon jetzt wichtige eigenständige Ergebnisse methodischer Art vorliegen. So ist es z.B. gelungen, die Integration des wasserwirtschaftlichen Modells ArcGRM und der ökonomischen Analysen zu bewerkstelligen, ein Ergebnis, das auch im Rahmen der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und ihrer ökonomischen Anforderungen von Bedeutung sein dürfte. Weiterhin zeigte sich im Prozess der Forschung unter Einbeziehung der Stakeholder, dass wichtige Lösungswege zur Bewerkstelligung der Dargebotsproblematik im Stakeholderdialog gefunden wurden. Letztlich sei anzumerken, dass im Kontext der Diskussion um den globalen Wandel zu beachten ist, dass sozioökonomische Entwicklungstrend durchaus größere Auswirkungen auf die Wassernutzung haben können als Klimatrends.